Samstag, 31. Oktober 2009

FDP: 60 Jahre Grundgesetz sind genug!

1949 und 1950, als das Grundgesetz und die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen entstanden, waren sich die Mütter und Väter der Verfassungen weitgehend einig, dass die Übermacht von Großkonzernen eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Deshalb statteten sie die Verfassungen mit Artikeln aus, die die Eigentümer und Unternehmer zum Gemeinwohl verpflichten, die Vergesellschaftung von Großunternehmen zulassen oder - im Falle NRW - sogar empfehlen.
Schon seit 1995 bemüht sich vor allem die - damals von Jürgen Möllemann angeführte - FDP NRW darum, diese Überbleibsel einer Zeit, in der sogar führende westdeutsche Politiker noch außerhalb der Profitlogik von Aktionären denken konnten, zu beseitigen. Es muss doch möglich sein, die totale Diktatur der Großaktionäre über sämtliche Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens auch in den Verfassungen zu verankern! Die VVN - Bund der Antifaschisten NRW hat im Oktober 2009 diese Bestrebungen der FDP NRW dokumentiert.
Im gleichen Monat schrien Jürgen Rüttgers (CDU) und Andreas Pinkwart (FDP): Die Linke in NRW habe den Boden der Verfassung verlassen, weil sie es gewagt hat, die Energieversorgung als öffentliches Gut zu betrachten, das vielleicht besser unter demokratische Kontrolle gehört als unter die Kontrolle einer Handvoll hemmungsloser Börsenspekulanten. Dazu Yahoo! Nachrichten 7.10.2009

Steuern senken schadet der Wirtschaft

Hört, hört! Endlich kommen Zweifel an der aberwitzigen Theorie der FDP auf, dass man die Staatsverschuldung mit Steuersenkungen bekämpfen könne. Hier z.B. in der "Welt" vom 19.10.2009.
Dabei gehen offenbar auch die dort zitierten Kritiker, die den Wachstumseffekt von Steuersenkungen eher gering einschätzen, in der Regel davon aus, dass der Staat seine wegfallenden Einnahmen durch Kredite ersetzt. Sie berücksichtigen in ihren Rechnungen nicht den negativen Wachstumseffekt durch wegfallende Staatsausgaben. Dieser tritt nicht nur dann ein, wenn der Staat mangels Steuereinnahmen weniger investiert, sondern auch dann, wenn der Staat sein Personal abbaut, also die Arbeitslosigkeit vergrößert, oder wenn er die Gehälter seiner Angestellten und Beamten absenkt.
"Weniger Netto" kommt vor allem von "weniger Brutto". Dies und die Tatsache, dass Arbeiter, Angestellte und Beamte des öffentlichen Dienstes Konsumenten sind wie alle anderen Bürger auch, wird von den rein profit-orientierten herrschenden Ökonomen geflissentlich ignoriert, weil es nicht in ihr Weltbild passt. Von wegen "ideologiefreie Wissenschaft"!

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Sarrazin heißt die Kanaille

Der Berliner Sozialdemokrat, ehemalige Finanzsenator und spätere Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin hetzte im Oktober 2009 öffentlich gegen Türken und Araber in Deutschland. Der jüdische Schriftsteller Ralph Giordano (»Die Bertinis«) beeilte sich, ihm beizupflichten, als Sarrazin angegriffen wurde. Die Süddeutsche schrieb am 14.10.2009:

Giordano: "Sarrazin beschreibt Wirklichkeit"
In der Sache richtig, aber im Ton vergriffen - auch der jüdische Schriftsteller Ralph Giordano nahm Sarrazin in Schutz. "Sarrazin beschreibt die Wirklichkeit darin so, wie sie ist, und nicht wie seit vielen Jahren von der politischen Korrektheit dargestellt", sagte der Publizist dem Sender MDR Info.

Giordano hat Unrecht: Sarrazin hat keineswegs die Wahrheit gesagt.
Sarrazin hat gesagt, dass Türken und Araber in Deutschland nicht produktiv seien, außer beim Obst- und Gemüsehandel. Dieser Teil seiner Hetzrede wird übrigens in allen späteren Zusammenfassungen verschwiegen. Er ist eine Lüge, denn es gibt tausende von produktiven Firmen, die von türkischstämmigen Geschäftsführern und Angestellten geführt werden. Millionen von Türkinnen und Türken sorgen für die Sauberkeit in deutschen Banken, Geschäftshäusern und auf deutschen Straßen. Ich hoffe doch, dass eine davon in den nächsten Wochen regelmäßig einen Küchenmülleimer auf Sarrazins Schreibtisch entleert.

Sarrazins Verständnis von Produktivität stammt aus der Dinosaurierzeit des Kapitalismus. Leute, die die Bevölkerung mit frischem Obst und Gemüse versorgen, sind gesellschaftlich viel nützlicher als Leute, die sinnlose Betonklötze in die Landschaft setzen, die 15 jahre später als Investitionsruinen wieder gesprengt werden müssen, oder Leute, die 15.000seitige Verträge für Cross-Border-Leasing-Geschäfte ausformulieren, die nur den Zweck haben, Kommunen übers Ohr zu hauen.

Ich liebe mein türkisches Obst- und Gemüsegeschäft! Ohne das wäre die Stadt ein Stückchen hässlicher.

Sarrazins Gerede über Türken und Araber, die "immer neue Kopftuchmädchen produzieren", ist ein rassistischer Topos der übelsten Sorte. Das gleiche Verhalten, das als heilige Tat gilt, wenn die Täter blond und blauäugig sind, gilt Sarrazin als verwerflich, wenn die Täter schwarzhaarig und braunäugig sind. Genau so sieht Rassismus aus, Herr Giordano! Wenn einer das wissen müsste, dann sind Sie es.

Übrigens wirbt die Bild-Zeitung für Sarrazins Hetzkampagne mit folgender Google-Anzeige:
Promis stehen zu Sarrazin
Migrantenschelte findet Befürworter
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